Text und Fotos: Ayla Städler und Leon Straschewski

Wäre da nicht der Checkpoint gewesen, hätte ich das Land gewechselt, ohne es zu merken. Aber es ist früh, der Pendelverkehr in vollem Gange und die Menschen stauen sich an der Grenzkontrolle. Um die dreißigtausend Menschen kommen zum Arbeiten in dieses kleine Land, das zweitkleinste der Welt – nach der Vatikanstadt. Hier zu wohnen, das kann man sich nicht leisten wenn man einen der Berufe ausübt, die den Anderen das Leben leichter, luxuriöser machen. Hier wohnen kann man nur temporär, oder wenn man ziemlich viel Geld hat – und dann lohnt es sich vielleicht sogar.
Monaco teilt seine Bevölkerung in drei Kategorien ein: zum einen gibt es die gebürtigen Monegassen, sie haben Anspruch auf staatlichen Wohnraum, den sie auch weitervererben können. Auch die „Landeskinder“ haben Anspruch auf Wohnraum, sie sind die Gruppe derer, die seit Generationen im Land leben, aber keine monegassische Staatsbürgerschaft haben. Die dritte Kategorie ist die der wohlhabenden Ausländer:innen. Sie bilden die überwältigende Mehrheit.
Stell dir vor, du bist richtig reich. Aber nicht so reich, dass dir egal wäre, wenn ein Staat steuerlich von deinem Reichtum profitiert. Du möchtest deine Taler zusammenhalten, selbst entscheiden, worein und wohin du investierst. In diesem Fall ist eine Steueroase genau das richtige für dich – in diesem Fall ist zum Beispiel Monaco genau das richtige für dich. Dort fällst du auch gar nicht auf, du bist eine:r von rund 29700 Menschen, siebenundsiebzig Komma fünf Prozent, die zwar keine Staatsbürgerschaft, aber ihren Hauptwohnsitz in Monaco haben. Du gehörst zu den Reichen dieser Welt, die davon profitieren – im wahrsten Sinne des Wortes – dass es weder Einkommens- noch Erbschaftssteuer gibt, und solltest du im Ausland mal was angestellt haben, bist du hier ebenfalls richtig, denn Steuerdelikte werden nicht verfolgt. Monaco ist eine Insel für reiche Menschen, wo sie weitestgehend unter Ihresgleichen an einem briefmarkengroßen Stück Côte d’Azur Champagner schlürfen können.
Ein Problem ist allerdings der Platz. Das kleine Land an der französischen Riviera ist nur knapp über zwei Quadratkilometer groß – hier stapeln sich die Menschen buchstäblich. Kreuz und quer führen Tunnel und Aufzüge von Etage zu Etage. Immer wieder öffnet sich unverhofft der Blick aufs Mittelmeer. Monaco ist eine Insel umringt von französischem Boden auf der einen, Mittelmeer auf der anderen Seite. Um Land zu gewinnen, wird es aus dem Meer gehoben. Land ist kostbar, Wohnraum so teuer, dass ihn sich nur die Reichsten leisten können, wenn sie nicht Staatsbürger sind und entsprechend Anspruch auf staatliche Wohnungen haben. Dennoch tauchen hier und da ruhige Oasen auf, die ich nicht erwartet hätte. Hier ist nichts zu sehen von der Enge in diesem Bevölkerungsreichsten Staat der Erde. Die Menschen hier scheinen sich gut darauf zu verstehen, Inseln zu schaffen. Sei es, um Steuern zu sparen, Reichtum zu zelebrieren oder Ruhe zu finden.




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