Editorial

Insel, die

Blaues Meer, Sandstrand und Sonnenschein, was könnte schöner sein? Wer an Inseln denkt, denkt eigentlich immer an Urlaub und ein besseres Leben, glücklichere Menschen und Flucht aus dem grauen Alltag. Inseln kommen der Vorstellung vom Paradies auf Erden wohl am nächsten. Und es gibt sie überall, sei es im tiefsten Ozean, in Berlin oder in unseren Köpfen. 

Im Lockdown konnte sich auch mal unser Zuhause oder unser Kiez anfühlen wie eine Insel, aber aus ganz anderen Gründen. Losgelöst von der uns bekannten Sicherheit, abgegrenzt von sozialen Kontakten und die Unmöglichkeit sich woanders hinzubewegen, wurde unsere ganze Welt ins Schwimmen gebracht. Da überrascht es nicht, dass das Wort „Isolation” von „île” abgeleitet ist, dem französischen Wort für Insel.

Diese Isolation ist jedoch nicht immer freiwillig. Manche Menschen werden bewusst vom Rest der Gesellschaft abgegrenzt, weil sie eine kriminelle Vergangenheit haben, nicht den Vorstellungen eines Regimes oder der Mehrheitsgesellschaft entsprechen. Um diese Unerwünschten fernzuhalten, eignen sich Inseln häufig leider nur allzu gut.

Wir alle wurden schon mal gefragt, welche drei Dinge wir auf eine einsame Insel mitnehmen würden, um zu reflektieren, was uns im Leben wirklich wichtig ist. Doch hat mittlerweile wirklich noch jemand Lust auf eine einsame Insel?

Dass Inseln aber auch nicht immer nur einsam sein müssen, wissen wir sowohl von Datingshows wie Love Island als auch aus der Tourismusbranche. Jahr für Jahr legen wir Menschen im Pauschalurlaub auf Kreta, Bali oder Mallorca schon morgens unsere Handtücher auf die Strandliegen und lassen dicht an dicht gequetscht wie die Sardellen in der Büchse die Seele baumeln. Dabei wird oftmals auch ausgeblendet, dass das Ganze zu oft auf Kosten der Einheimischen und deren Umwelt passiert, denn vor allem Inselstaaten haben ein fragiles Öko- und Wirtschaftssystem, wofür insbesondere die Abfallwirtschaft oftmals nicht gewappnet ist.

Im Kontrast zu den von Pauschaltourist:innen überschwemmten Urlaubsparadiesen können Inseln auch ein schützender Rückzugsort sein. Zum Beispiel für die Lebensvorstellungen ganzer selbst ausgerufener Inselnationen. Aber auch als Reservat für die Selbstverwirklichungen einer Hand voll individueller Ideolog:innen und Aussteiger:innen. Ob solche Insulaner:innen sich dann tatsächlich auf einem Eiland in der Südsee die Sonne auf den Kopf scheinen lassen oder ihren Kiez in der Großstadt als ihre eigene Insel verstehen, soll in unseren Ausschweifungen zu dem Thema keine Rolle spielen.

In dieser Ausgabe findet ihr Texte, Collagen, Fotoserien und Gedichte. Viele tolle Gastautor:innen haben ihre Gedanken, Kreativität und Aufregung mit uns geteilt. Dafür wollen wir uns an dieser Stelle herzlichst bedanken! Durch alle inspirierende Beiträge ist eine Ausgabe entstanden, die noch viel abwechslungsreicher ist als die letzte. Wir freuen uns, diese jetzt mit euch teilen zu können.

Viel Spaß beim Erkunden der Insel – Ausgabe 2!

Lana, Carla, Alina und Ben